Bucci ꒰(・ ‿ ・)꒱ PARANOIA

von lynn t musiol und Marcus Peter Tesch
Foto: Justus Lemm
PERFORMANCE
Depot 1
Da ist etwas, das mich schon sehr lange begleitet, von schmuddeligen Kellerpartys einer Kleinstadt, über die Erkenntnis, dass Parmesan was anderes ist, als der klebrig-gelbe Käse, den du bisher auf deine Bollo geraspelt hattest, bis hin zum Texting mit Akademikerkindern namens trophy faggot oder pau_laX auf Instagram: Stets habe ich Angst, enttarnt zu werden. Stets suche ich nach Beweisen, nicht dazuzugehören. Und je mehr ich versuche, so etwas wie Alltag zu leben, desto stärker werde ich in etwas reingezogen, von dem ich inzwischen weiß, dass es sich Paranoia nennt. Für Freud gehört die Paranoia sogar unzertrennlich zu meiner queeren Existenz. Really? Weil ich queer bin, leide ich an Verfolgungswahn? Okay, Dr. Freud! Aber welche Art von Wissen ermöglicht Paranoia? Was verschleiert ihr Blick auf die Welt? Und: Wenn meine Paranoia mir geholfen hat, in der Provinz zu überleben, ist sie jetzt immer noch hilfreich, oder droht sie mich zu verschlingen?
BUCCI × ꒰(・ ‿ ・)꒱ × PARANOIA ist ein Sunset Ride mit rauen, milden und somethingin-between Blicken auf die bislang viel zu geheimen Geschichten des queeren Verdachts und der verdächtigen Queerness. Autor*innen lynn t musiol und Marcus Peter Tesch – und die Schauspielerin Ute Hanning (Deutsches Schauspielhaus Hamburg) in einem denkwürdigen Cameo-Auftritt – erkunden in ihrer Performance spielerisch die paranoide Queer Theory von Sigmund Freud bis Eve Kosofsky Sedgwick und loten dabei ihr ganz eigenes Gleichgewicht zwischen Spontanität und Verabredung, Vorgeprobtem und Unprobbarem weiter aus.

Von & Mit
Text und Performance: lynn t musiol und Marcus Peter Tesch · Bühne: Ulla Willis · Dramaturgie: Elisa Leroy · Mit: Ute Hannig, lynn t musiol und Marcus Peter Tesch
lynn t musiol
lynn t musiol hat etwas Soziologisches studiert, trägt ein Wasserzeichen im Horoskop und ist im post-industriellen Rheinland aufgewachsen. lynn t’s Arbeiten beschäftigen sich mit der Verflechtung von Klasse und Begehren, lesbian histories, und queerer Ökologie, die in interdisziplinären Überlappungen und der Praxis des »queeren Formens« zusammenfließen. Dey mag pathetische Gesten, theatrale Awkwardness und pop-sportive Kopfarbeit. Dey ist Mitgründer_in von Dyke Dogs Salon und les dramaturx. An der Schaubühne Berlin zeigt lynn t musiol aktuell die performativ-diskursive Reihe BUCCI × ꒰(・ ‿ ・)꒱. instagram: sakurayatsu
Marcus Peter Tesch
Marcus Peter Tesch beschäftigt sich in seinen Projekten mit der Sichtbarmachung queerer Geschichte(n) und von Klassismus. Er studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen, arbeitete danach als Dramaturgieassistent und freier Dramaturg an der Schaubühne, am TD Berlin, den Uferstudios Berlin und dem Berliner Ringtheater. Tesch konzipierte und leitete das internationale Writers' Room beim Berliner Theatertreffen 2021 und 2022. 2021 gewann er das Autorenwettbewerb der Nibelungen-Festspiele Worms. Lesungen und Inszenierungen seiner Texte und Bearbeitungen sind u. a. am Deutschen Theater Berlin, dem Theater Rampe in Stuttgart, am Staatstheater Kassel, Schauspielhaus Graz, beim Amsterdam Fringe Festival, am Grand Theatre Groningen, dem Volkstheater in Wien und an der Schaubühne zu sehen.
UTE HANNIG
Ute Hannig, geboren 1972 in Hamburg. Schauspielstudium an der Hochschule der Künste in Berlin. 2005 wechselte sie ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg. Seitdem arbeitete sie u. a. mit Jürgen Gosch und Ivo van Hove. Sie spielte u. a. die »Medea« (Regie: Karin Henkel), Arkadina in »Die Möwe« (Regie: Alice Buddeberg) und Ada von Stetten in »Zur schönen Aussicht« (Regie: Martin Kušej). An den Staatstheatern Stuttgart gastierte sie in der Hauptrolle der Selma in »Dancer in the Dark« (Regie: Christian Brey).